Die häufigste Todesursache bei Feuerwehrleuten sind die Folgen einer Krebserkrankung. Gleich mehrere Studien kommen zu diesem Ergebnis, dem sich auch die International Association of Fire Fighters (IAF) immer wieder in Beiträgen widmet. Der Grund: Feuerwehrleute sind verstärkt einer Exposition krebserregender Stoffe durch Brände ausgeliefert. Das bestätigt auch das Center for Disease Control and Prevention (CDC) in den USA. Als wichtigste Präventionsmaßnahme gilt die Sensibilisierung der Feuerwehrleute selbst – und die Dekontamination ihrer Ausrüstung. Riccardo Favara ist Global Head of Personal Protective Equipment Division beim deutschen Maschinenbauer Meiko. Er treibt mit seinem Team Forschung und Entwicklung sowohl für technische Lösungen wie auch für die Schaffung robuster Prozesse zur Reinigung und Desinfektion von Atemschutzausrüstung voran. Im Interview spricht er über die Matrix der Anschmutzung, Dekontamination und Sicherheit.
Frage:
Das Thema „Feuerkrebs“, die erhöhte Wahrscheinlichkeit einer Krebserkrankung bei Einsatzkräften, bricht sich international Bahn. Warum wird dies jetzt erst langsam relevant?
Riccardo Favara:
An dieser Stelle zitiere ich Marcus Bätge, der mit „FeuerKrebs“ die deutsche Gesellschaft zur Förderung und nachhaltigen Verbesserung der Gesundheits- und Arbeitsbedingungen von Feuerwehrleuten gegründet hat: „Das Feuer ist mit den Jahren giftiger und krebserregender geworden, der Dreck auf unserer Kleidung und Ausrüstung ist kein normaler Dreck.“ Es ist tatsächlich so, dass heute natürlich sehr viele Kunststoffe für den Haus- und Möbelbau verwendet werden. Brennen diese, sind Feuerwehrleute unglaublich giftigen Substanzen ausgesetzt, an die wir vor 50 Jahren noch gar nicht gedacht haben.
Frage:
Das bedeutet: Wer reinigt, muss den Schmutz kennen?
Riccardo Favara:
Genau. Wir arbeiten bei Meiko seit Jahren an der Matrix der Anschmutzungsart und natürlich arbeiten wir daran, wie Gegenstände wirklich gesäubert und hygienisch aufbereitet werden. Dabei profitieren wir im Bereich zur Reinigung persönlicher Schutzausrüstung vom Meiko-Wissen über die Aufbereitung von Medizinprodukten. Mikroben, Keime, Wirkung von Chemie, aber auch von mechanischen Kräften und nicht zuletzt die Bedeutung von Wasser sind für uns als Maschinenbauer essenzielle Faktoren, um die Ergebnisse zu erzeugen, die unsere Kunden benötigen.
Frage:
Meiko entwickelt seit fast 100 Jahren Geräte zur Reinigung und Desinfektion. Seit etwas mehr als zehn Jahren widmet sich Ihr Unternehmen der Aufbereitung von Atemschutztechnik. Was hat sich in dieser Zeit verändert?
Riccardo Favara:
Unglaublich viel! Wir sehen bei unseren internationalen Kunden, dass das Thema Dekontamination rasant an Relevanz gewinnt. Noch hat dieser Begriff einen stark wissenschaftlichen Charakter – aber er dringt mehr und mehr ins Bewusstsein der Feuerwehrleute selbst und auch der berufsständischen Organisationen wie dem National Institute for Occupational Safety and Health (NIOSH) in den USA und Canada. An unserem Heimatstandort Deutschland ist das die DGUV, die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, die sich des Themas annimmt. Sie hat auch bereits einen Maßnahmenkatalog zur Dekontaminationsverschleppung veröffentlicht. Und genau hier passen die Meiko Produkte exakt hinein.
Frage:
Meiko hat mit seinem Reinigungs- und Desinfektionsgerät TopClean M den Prozess in der Atemschutzwerkstatt für viele Atemschutzgerätewarte grundlegend verändert…
Riccardo Favara:
Weil wir mit unserer Technologie einen validen maschinellen Prozess ermöglichen, der die manuelle Reinigung ablöst. Wir haben mittlerweile mehr als 1000 Geräte in Deutschland verkauft. Das bedeutet, dass fast 1000 Atemschutzgerätewarte selbst sicherer arbeiten und ihre Kameraden im Einsatz sehr, sehr sicher sein können, hygienisch einwandfreie Atemschutztechnologie zu verwenden. Was wir bisher nicht abgedeckt haben, war der Prozessschritt der Vorreinigung. Das haben wir nun geändert.
Frage:
Wie sieht die Meiko-Lösung zur bisher manuellen Vorreinigung aus?
Riccardo Favara:
Mit TopClean D haben wir ein Gerät zur maschinellen Vorreinigung entwickelt, das dann zum Einsatz kommt, wenn eine sichtbare Anschmutzung vorliegt. Diese Maschine ist ein echtes Kraftpaket, das dafür sorgt, dass Schmutz mechanisch abgetragen wird. Eine Feuerwehr, die sich für eine Teststellung zur Verfügung stellte, legt da heute auch ihre Strahlrohre zur Reinigung hinein oder ihre Taschenlampen oder die Gurte für die Funkgeräte. Aber bleiben wir bei der Maske. Ist sie mit Ruß beaufschlagt, ist das erste Ziel: Bloß nichts davon ins Innere der Maske verschleppen. Das passiert bei der manuellen Reinigung schon mal.
Frage:
Ruß ist eine hydrophobe Substanz. Ihr ist mit Wasser eigentlich nicht beizukommen. Wie lösen Sie dieses Problem?
Riccardo Favara:
Das ist tatsächlich die Herausforderung, der wir mit mechanischer Kraft begegnen. Inspiriert hat uns hier die Erfahrung aus der Meiko Medizintechniksparte. Wenn Sie nicht-thermolabile Sporen von Krankheitserregern von Pflegegeschirren beseitigen müssen, müssen Wasser und Druck kombiniert werden. Das können wir. Und das ist auch das Know-how, das im TopClean D steckt. Wir haben es kombiniert mit einem neuen Meiko Patent: Wir säubern Atemschutzmasken, indem wir sie auf eigens entwickelten „Köpfen“ fixieren. So vermeiden wir die Verschleppung von Partikeln.
Frage:
Meiko hat sich einen Namen gemacht mit der innovativsten Atemschutzwerkstatt, die man sich vorstellen kann. Was ist der Antrieb?
Riccardo Favara:
Wir haben für dieses Renommee-Projekte mit der Feuerwehr in Offenburg zusammengearbeitet, dem Stammsitz von Meiko. Die Offenburger Feuerwehr wuchs mehr und mehr zur feuerwehrtechnischen Zentrale und betreut einen Pool von 700 Masken, 320 Lungenautomaten und 180 Atemschutzgeräten. Unsere Spezialisten haben eine Atemschutzwerkstatt geplant, in die auch Schlauchwerkstatt und Wäscherei integriert sind. Dabei haben wir gezeigt, dass wir den gesamten Prozess von der Anlieferung der kontaminierten Ausrüstung in Kisten über deren Auspacken auf einem Lochtisch mit Absauganlage bis Vorreinigung, Desinfektion und Verpackung beherrschen. Entstanden sind ein sauber getrennter Schwarz- und Weiß-Bereich inklusive Berücksichtigung ergonomischer Gesichtspunkte – und ein sehr zufriedenes Team an Atemschutzgerätewarten.
Über das Projekt der Feuerwehr Offenburg sowie die Planung und Ausstattung weiterer Atemschutzwerkstätten in Feuerwehren, Feuerwehrtechnischen Zentren und in Industrieunternehmen erfahren Interessenten mehr vom 20.-25. Juni 2022 am MEIKO Stand auf der Interschutz.
Quelle:
www.cdc.gov/niosh/newsroom/feature/firefighter-cancer-awareness.html